„Hurra, hurra, die Deutschen sind da!“


Die deutsche Nationalmannschaft in Ungarn – was für eine Gelegenheit! Natürlich bin ich hingegangen.

Die Karten kaufte ich zusammen mit einem ungarischen Freund, der noch nie ein Fußballspiel im Stadion gesehen hatte. Ihm war es eigentlich egal wo wir standen und darum wollten wir uns Tickets für den deutschen Block kaufen. Als diese dann aber dreimal so teuer wie die ungarischen waren, entschieden wir uns spontan um.

Ich hatte einige Bedenken um meine körperliche Unversehrtheit, denn die ungarischen Fußballfans sind auch ganz gerne mal Hooliganmäßig unterwegs und lösen Konflikte öfter nonverbal.

Wie dem auch sei, ich dachte mir, mit einer Jacke über dem Deutschlandtrikot kann nichts schief gehen.

Eine andere Frage die mich um trieb war die nach der Hymne: Singen oder nicht singen? Eigentlich dachte ich immer, wenn ich einmal im Stadion bin, würde ich mitsingen, es geht ja um die Präsenz als 12. Mann. Doch mehr und mehr überkam mich das Unbehagen des Nichtnationalisten. Solche nationale Mythenkultur ist ja schon irgendwie scheiße und Nationalismus gehört eigentlich mal gründlich dekonstruiert. Doch das Wissen um das Bessere lässt einen nicht vom Schlechteren ablassen. Ich wollte dann einfach spontan entscheiden.

Das Spiel fand, wie schon die Champions Leaguespiele Debrecens, im Puskás Ferenc Stadion statt, dieser hässlichen Betonschüssel.

Als wir in unseren Block gingen, meinte ein Ordner zu uns, dass es sich um den gefährlichsten handeln würde (was auch Sinn ergeben hätte, da wir die günstigsten Karten gekauft hatten).

Doch wer genau hinsieht merkt, dass er einen Witz gemacht hatte: Kinder? Frauen? Da würde nichts passieren. Also legte ich beruhigt meine Jacke ab.

Nebenbei, sehr viel voller wurde es nicht mehr (was auch daran liegt, dass die oberen Tribünenränge aus Sicherheitsgründen nicht genutzt werden dürfen). Ich schätze, dass die Karten ab 4000 Forint (~15 €) für die meisten Ungarn einfach zu teuer waren.

Dann kam der Moment der Hymne:

Ich habe nicht gesungen. Fühlte sich eklig an. Und ja, das ist Gábor Király und ja, er trägt noch immer seine Hose. Hat ein guten Spiel gemacht.

Im Gegensatz zu den ungarischen Fans, welche sich während der deutschen Hymne ruhig und respektvoll verhielten, waren manche Deutsche weit weniger wohl- oder überhaupt erzogen. Sie fingen an „Zick-Zack Zigeunerpack“ zu skandieren und natürlich durfte auch die klassische Reichskriegsflagge nicht fehlen.

Und mit so einem Abschaum wollte ich in einem Block stehen. Was habe ich mich geschämt. Im Laufe des Spiel wurde das Pack aber leiser, doch etwas muss noch vorgefallen sein, denn in der zweiten Halbzeit war da, wo vorher die Idioten standen nur noch eine Lücke. Hoffentlich haben sie ordentlich eins auf Maul bekommen. Malcolm Tucker würde sagen: F-Star-Star-Cunts.

Das Spiel war nach dem verwandelten Elfmeter von Poldi schnell entschieden, Ungarn hatte die gesamten 90 Minuten über kaum eine Chance, Deutschland zeigte aber auch nicht gerade überragendsten Fußball (außer Marin!).

Dafür dass ich erwartet hatte, in einer Meute Stiernackiger Magyarenfaschos zu stehen war die Stimmung ausgesprochen freundlich und human. Nur einmal sah sich einer der ungarischen Zuschauer gezwungen Jérôme Boateng als „Nigger“ zu beschimpfen, was einen etwa zehnjährigen Jungen dazu animierte seine Deutschkenntnisse vorzuführen und ihm auch ein „Negerkaffer“ hinterher zu rufen. Doch dies waren Ausnahmen. Zum Glück.

Ein nettes Detail zum Schluss:

Vielleicht war sich der Designer nicht ganz sicher ob Deutschland oder Belgien spielen würde und entschied sich einfach für einen Kompromiss.

2 Antworten zu “„Hurra, hurra, die Deutschen sind da!“

  1. lieber jonas,
    dein blogg bereichert meine morgendlichen ausflüge in die weiten des internets. vielen dank!

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